Refl.Act
Unterstützung von Vereinen im Umgang mit Antisemitismus
Antisemitismus (und vor ihm: der religiös codierte Antijudaismus) hat eine lange, wirkmächtige und gewaltvolle Tradition weltweit. Verschwörungserzählungen und feindliche Zuschreibungen gegenüber Jüdinnen*Juden boten und bieten vermeintlich einfache "Erklärungen" für komplexe und verunsichernde Sachverhalte. Jüdinnen*Juden (echte oder imaginierte) fungieren je nach Bedarf als Sündenböcke, Strippenzieher*innen hinter globalen Prozessen oder Aggressor*innen, welche den Weltfrieden gefährden.
Darüber hinaus passen sich antijüdische und antisemitische Stereotype der Zeit an und bleiben je nach Bedarf anwendbar und wirkungsvoll in zahlreichen gesellschaftlichen Kontexten.
Seit dem 7. Oktober 2023[1] ist ein massiver globaler Anstieg von Antisemitismus zu beobachten, der hauptsächlich einen israelbezogenen Charakter trägt. So werden Jüdinnen*Juden vermehrt Ziel gewalttätiger Angriffe oder müssen sich - unabhängig von ihrer Nationalität - für den Gaza-Krieg rechtfertigen. Die reale Bedrohungslage für Jüdinnen*Juden sowie das subjektive Unsicherheitsempfinden in Deutschland sind so stark angestiegen wie seit Langem nicht mehr. "Im Verborgenden gewachsene antisemitische Einstellungen und Ressentiments kommen offener und unmissverständlicher zum Ausdruck und erzeugen ein angespanntes gesellschaftliches Klima, in dem es wesentlich schwieriger geworden ist, persönliches Judentum öffentlich zu leben."[2]
Weder die jahrtausendealte Tradition antisemitischer Denkmuster, noch das aktuelle Wiederaufflammen von Gewalt gegen Jüdinnen*Juden machen halt vor unseren pluralistischen Vereinsstrukturen oder unserem Engagement, welches möglichst offen und zugänglich für verschiedenste Menschen sein möchte.
Wie gut sind wir darin, als Multiplikator*innen der Bildungs-, Kultur- & Jugendarbeit sowie als Engagierte in migrantischen Strukturen, antisemitische Codes und (eigene) Stereotype zu erkennen, zu reflektieren und wirksam zu dekonstruieren? Findet die engagierte Mehrheitsgesellschaft gute Worte und Wege, um Jüdinnen*Juden als selbstverständliche Mitglieder von Organisationen zu sehen und diese auch als Betroffene von Antisemitismus nicht im Stich zu lassen?
Und welche Schritte, Diskussionen, Prozesse brauchen wir, um uns und unser Umfeld (immer weiter) dazu zu befähigen?
Diesen Fragen und Aufgaben widmet sich das Projekt: "ReflAct - Unterstützung von Vereinen im Umgang mit Antisemitismus. Ein Hauptziel von ReflAct ist die Sensibilisierung von Aktiven in Vereinsstrukturen für Antisemitismus und dessen verschiedene Ausprägungen im Rahmen unseres Dachverbandes und darüber hinaus.
Ebenso möchten wir die Handlungssicherheit bei Akteur*innen der Kultur-, Jugendarbeit und migrantischen Vereinen stärken, indem diese dabei unterstützt werden, u. a. antisemitische Äußerungen, Vorfälle, Symbolik besser zu erkennen, zu reflektieren und diesen in ihren Organisationen und in ihrem Umfeld entschieden entgegenzutreten.
Geplant sind verbandsinterne und öffentliche Weiterbildungen ebenso wie die Erstellung von Handlungsleitfäden zum Umgang mit Antisemitismus und zur Unterstützung Betroffener in unseren Organisationen sowie im Beratungskontext.
Darüber hinaus möchten wir Netzwerk- und Unterstützungsstrukturen schaffen und ausbauen, um v.a. unmittelbar von Antisemitismus betroffene Multiplikator*innen und Vereine zu stärken.
Falls ihr gerne mehr Informationen zum Projekt hättet oder gern Teil von ReflAct werden möchtet, meldet euch unter: refl.act@kulturbuero-dresden.de
[1] Der Terrorangriff der Hamas auf Israel 2023 war mit 1 182 Todesopfern der größte Massenmord an Jüdinnen*Juden seit dem Holocaust. Ausführliche Informationen z. B. hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Terrorangriff_der_Hamas_auf_Israel_2023
[2] Zit. nach Feist, T. in: OFEK e. V. (Hg.) 2024: RIAS Sachsen: Antisemitische Vorfälle in Sachsen 2024, S. 7